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Ukraine  Eine Reise durch die Ukraine in 113 Gedichten  Ukraine

der weisse raum

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ein raum der koerperlosigkeit. wir alle gehen oder schweben in weissen gewaendern, die gesichtsmuskeln sind uns erschlafft, ausdruckslose guete steht auf den gesichtern. es ist still. nur selten hoert man das rascheln eines gewandes, aber es ist nicht echt, ist eine jener taeuschungen, welche der urspruenglichen erwartung oft zu folgen pflegen. wir verursachen keine gerauesche, sind in allem, das wir tun, die nur noch schweigenden.

wie die mechaniken in einem uhrwerk drehen wir uns um uns selbst. zuweilen greifen wir nach einer hand so kalt wie die unseren haende und bewegen uns fuer einige augenblicke gemeinsam, ohne uns tatsaechlich zu beruehren. koennte ein aussenstehender dieses schauspiel betrachten, er wuerde sich ob seiner maschinenhaftigkeit sehr verwundern.

es geht lange so, es geht ewig so. die zeit hat fuer uns keine bedeutung mehr, da wir in ihr aufgegangen sind. manchmal ertoent aus dem nirgendwo der klang von harfen und glocken. es ist die melodie der unendlichkeit, die in ihrer tragischen schwere wie eine mahnung an unser schicksal klingt und dennoch so leicht durch den raum schwebt. dann bilden sich paare, zu zweien, zu dreien, auch zu vieren tanzen wir die langsamkeit. wir kennen einander nicht. wir sind uns nichts. wir tanzen. // spaeter loest es sich auf.

das ist schon viele male so geschehen. nun ist es anders. es ist nicht heute, weil es kein heute gibt. es ist nun. wieder hoeren wir die melodie, jetzt spricht sie zu uns wie ein befehl, ordnet unsere koerper in einer langen weissen linie und friedlich setzen sie sich in eine eintoenige bewegung. alles fliesst. wir fliessen davon.

© 2005 by Arne-Wigand Baganz

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