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Friedhof der Täter

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Jedes zweite Januar-Wochenende findet in Ost-Berlin die Liebknecht-Luxemburg-Demonstration statt, die an die Ermordung der beiden anti-demokratischen Politiker und Kommunisten Liebknecht und Luxemburg im Jahre 1919 erinnert und die in der Regel vom Frankfurter Tor zur Gedenkstätte der Sozialisten in Friedrichsfelde zieht. Das ist auch im Jahre 2021 während der Corona-Pandemie nicht anders: Die Unverbesserlichen gehen ihres Weges, rote Fahnen mit Hammer und Sichel wehen, es gibt ein paar Scharmützel mit der Polizei, über die sich auch die Grüne Jugend aufregt, obwohl sie ja mit roten Fahnen nicht so viel zu tun haben sollte. Früher gab es gern Fahnen mit Marx, Engels, Lenin, Stalin chronologisch gestaffelt nach deren Sterbedaten von links nach rechts - die wahren “Wohltäter” der Menschheit. Möglicherweise auch dieses Jahr.
Der Zentralfriedhof Friedrichsfelde beherbergt die 1951 eingeweihte “Gedenkstätte der Sozialisten”: Ein “Ehrenfriedhof” für diejenigen, die sich um die Idee des Sozialismus “verdient” gemacht haben - in Wahrheit eher ein “Friedhof der Täter”. Viele liegen in Reih und Glied mit fast identisch geformten Grabsteinen in genormten Abständen nebeneinander. Austauschbare Soldaten einer totalitären Ideologie, welche physische und psychische Vernichtung ihrer echten und vermeintlichen Gegner und allgemein ihrer Opfer betrieben hat. Es könnten genauso gut Nazis sein.
Erst seit 2006 gibt es vis-à-vis zur zentralen Ringmauer einen kleinen Gedenkstein mit der Aufschrift “Den Opfern des Stalinismus”. Das ist in der Größe und mit der Aufschrift beschämend und lächerlich, denn es grenzt die Erinnerung auf die schrecklichste Epoche des Sozialismus / Kommunismus ein, um andere Epochen zu retten, während gegenüber / im Rücken die Täter im Pomp triumphieren. Der Gedenkstein für die Opfer wird vor allem während der LL-Demonstration immer wieder bespuckt und geschändet.
Corona-bedingt bin ich heute als auch letzte Woche zum Spazieren auf dem Friedhof gewesen: Letzte Woche, als es deutlich winterlicher war, lag der kleine Gedenkstein von einer festen Schneeschicht komplett bedeckt, die konnte nicht einfach nur natürlich darauf gefallen sein … heute lagen ein paar Rosen darauf und davor, daneben zwei Gedenkkränze: “Den Opfern des Stalinismus” von der “Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur”, “Den Opfern kommunistischer Gewaltherrschaft” vom Beauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Die meisten Anwesenden hielten sich innerhalb der Ringmauer auf, der Optik nach in der Regel bis in den Tod treuer DDR-Kompost, nur einige wenige schauten zum Opfer-Gedenkstein. Eine ältere Frau führte ihren Hund dort Gassi und machte noch ein Handyfoto mit ihm vor dem Stein. Gibt es ein besseres Sinnbild für das heutige Berlin, in dem Linken/SED-Politiker wie Klaus Lederer in stalinistischer Manier Aufklärer wie Hubertus Knabe mundtot machen? Friedhof der Täter - Hauptstadt der Täter.

Veröffentlicht am 10.01.2021

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