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Ukraine  Eine Reise durch die Ukraine in 113 Gedichten  Ukraine

Gasttexte > Shadan, Serhij

PFADFINDERIN N

So zog sich deine Kindheit zurück -
die Stimme wurde gebildet, die Freunde gingen verloren,
hoch am Himmel hing fest und knapp
das Leben wie der Ohrring im Ohr.

So lebten wir - lärmend und ungeschickt,
in das Beuteband der Zeit eingeflochten,
verlorene Anhänger von boogie-woogie,
verkommende Kinder des starken Portweins.

Du zogst Militärschuhe an,
liefst in die Schule - Pennal und Bleistift.
Alles noch vor dir - die ersten Abtreibungen,
die Jeans des Vaters, der Büstenhalter der Mutter.

Es erhob sich noch eine hohe Welle.
Die zertrümmerte silberne Klaviatur,
es wurden die Grundsteine des Stils gestaltet -
so begann hier die Gegenkultur.

Mit warmen Hülsen von "Belomor"1,
mit den Decken der verfolgten Studentenaktionen
so hartnäckig strebte nach oben empor
der gequälte Blues deiner Menstruation.

Was einigte uns? Der geregelte Streit
fiel in die Nacht, wie Ruder ins Wasser.
Wir machten uns auf, schafften Spalten.
Warme Winde brachten unwillkürlich

Trauer in die Seele wie Honig in Waben.
Wie hielten wir uns, Gott bewahre! -
trotz aller wahnsinnigen Verbitterungen,
trotz aggressiver Reizbarkeit der Sowjetmacht.

So hat es sich vollzogen. Der heitere Staub,
die beruhigte Welle, die Dämmerung des Sees.
Die verschobene Zeit zerdrückt, wie der Mühlstein,
dunkles Korn der gemeinsamen Erfahrung.

Ich weiß aber - zwischen den spitzen Zweigen,
in der überfüllten Biosphäre,
lohnt es sich, nur auf solche Weise Luft zu atmen,
nur so lohnt es sich, die Tür zu öffnen.

Das Empfinden des Morphems heftet am Mund,
dieses durchsichtige Wasser ist alternativ.
Alles, was war, kann man an mehrere Themen nicht einteilen.
So liebten wir. Man wird uns geben, was uns gebührt.

© 2004 by Shadan, Serhij