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Das Wort ist das Ziel

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Als man seinen Haushalt auflöste, fand man in einer silbernen Schatulle, die auf einem kleinen Nachttisch neben seinem Bett lag, ein Stück zusammengerolltes Papier, auf dem in schwarzer Tinte die folgenden, in der Handschrift übrigens durchaus wohlgeformten Worte standen, die uns heute noch manchmal beschäftigen, wenn wir mit zahlreichen Rätseln in den Augen an ihn zurückdenken:

„Alles bisher von mir Geschriebene ist nichts, das ist vollkommen klar, denn ich habe nämlich und eigentlich und überhaupt, wenn ich einmal aufhöre, mir etwas vorzumachen, noch gar nicht angefangen, zu schreiben. Was bisher wie Schreiben aussah, war nur ein Üben, bei dem ich allzu oft abrutschte und mich blamierte, sofern mich jemand dabei beobachten konnte – oder musste. Auch in Zukunft werde ich immer wieder abrutschen und mich blamieren, falls dann noch jemand hinschauen mag oder muss, aber stets anders und generell – immer als ein Anderer. Von meiner Torheit, dem Schreiben, dem Versuch, zu schreiben, also meinen Schreibübungen, werde ich nicht ablassen können, solange ich lebe. Und später einmal, irgendwann, wenn ich es wirklich erlernt haben sollte und bis dahin nicht gestorben bin, werde ich auch wirklich schreiben – nun gut, bleiben wir ehrlich (hier verkneife ich mir allein für den dramatischen Effekt gerade eine kleine Träne im linken, wenn Du willst, stattdessen auch gern im rechten Auge, aber keinesfalls in beiden): Wahrscheinlich nie. Aber das macht nichts, macht gar nichts, denn das Wort ist nur das Ziel, an dem (sich) verlassene Tiere weiden.”

© 2023 by Arne-Wigand Baganz

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