In einem abgelegenen Wald irgendwo im Osten lebt schon seit vielen Jahren
eine kleine Schweinebande, welche die menschliche Sprache erlernte und mit
dieser zu ihrem Unglück auch die Langeweile: die Schweinebande konnte sich
aufgrund ihrer besonderen Begabung einfach nicht mehr damit begnügen, nur
Schweinesachen zu machen, daher entschloss sich eines der vorwitzigeren
Schweine dazu, ganz einfach wie ein Mensch ein Forschungsinstitut, das
Studienaufträge annimmt, zu gründen. Geschäftstüchtig wie es war (und
weiterhin ist), richtete es gleich eine Telefonnummer ein, unter der
Interessenten Studien auch heute noch beauftragen können. Das Erstgespräch
folgt stets einem schmalen aber strikten Leitfaden, dieser hat sich in der
Praxis bewährt, weil er den Prozess schnell und in der Regel gleichfalls
erfolgreich einleitet. Ruft ein Interessent unter der Nummer an, meldet
sich ein diensthabendes Schwein mit den folgenden Worten: ”Schweineinstitut Freies Forschen, Guten Tag! Sie wünschen eine Studie zu
beauftragen? Was soll denn dabei herauskommen?”. Bei so viel Entgegenkommen werden sich die Interessenten mit den
Schweinen im Institut meist rasch einig. Eines Tages aber wird der ganze
Schwindel, da er nicht besonders gut verborgen wird, sicherlich auffliegen!
Studien gehören zum wissenschaftlichen Handwerk, Wahlen zu demokratischen
Gesellschaften. Nicht immer geht es sauber dabei zu. Je nach Profession und
Interessen legendär bis abgenutzt ist zum Beispiel Walter Ulbrichts
Ausspruch: “Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben”, den er im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Bezirksverwaltungen im
Nachkriegsberlin tätigte. Ähnlich läuft es bei russischen Referenden – und
das quasi in langer Tradition – ab, womit die Verallgemeinerung als
gerechtfertigt erscheint, beispielsweise als die Krim von Russland im März
2014 völkerrechtswidrig besetzt wurde: Da durften sich all jene, die man
überhaupt wählen ließ und die gegen einen Anschluss waren, nur zwischen
zwei schlechten Optionen entscheiden. Eine Ja-/Nein-Auswahl gab es nicht:
Die Krim konnte dem Referendum nach nur Russlands großem Magen einverleibt
werden. Es gibt also, wie wir alle wissen, Wahlen, die ihren Namen nicht
verdienen – und es ist ja auch bekannt, was einem in den russisch
beherrschten Gebieten widerfährt, wenn man es wagt, seinen Dissens mit
solchen “Entscheidungsfindungen” öffentlich zu machen. Selbst wenn ich hier
der Anschaulichkeit wegen Russland als Beispiel gewählt habe, sind
solcherlei Gebaren natürlich nicht auf dieses Land beschränkt und in der
einen oder anderen, stärkeren oder schwächeren Form fast überall auf dem
Globus zu finden.
So, wie es unfreie, unfaire und manipulierte Wahlen gibt, werden auch
nicht-ergebnisoffene Studien, wie sie in der kleinen Geschichte zur
Einleitung dieses Artikels thematisiert worden sind, durchgeführt – in der
Regel sicherlich nicht ganz so plump; die Sozialwissenschaften scheinen mir
dafür besonders anfällig, was sicherlich daran liegt, was sie überhaupt
“messen” können und was für sie als faktisch gilt. Menschlich ist das bis
zu einem gewissen Grad durchaus nachvollziehbar: Wir alle haben Interessen,
die wir gern durchsetzen wollen, zum Beispiel, wenn wir bestimmte, feste
(politische) Ansichten haben, auf schnellen aber unverdienten Ruhm aus sind
oder gar die eigene Existenz vom Ergebnis einer Studie abhängt. Allerdings
ist es – dem Kontext entsprechend – doch unlauter bis schäbig, wenn man
absichtlich voreingenommen forscht und so genau die Ergebnisse produziert,
von denen man selbst oder ein Auftraggeber am meisten hat, welche einer
ehrlichen Methodenprüfung aber nicht standhalten können. Wird mittels eines
Fragenbogens geforscht, ist es wichtig, was wen wie gefragt wird und wie
man die Antworten absichert, um ein halbwegs verlässliches, aussagekräftes
Ergebnis zu bekommen. Das richtige Entwerfen eines Fragebogens ist eine
komplexe Wissenschaft für sich, die man erlernen kann und beherrschen muss
– man kann es sich aber auch einfach machen. Linguistische Studien, die zum
Ziel haben, die Gendersprache zu rechtfertigen, kommen beispielsweise gern
mit Fragen daher wie: “An welches Geschlecht denken Sie, wenn Sie das Wort Fußballer hören”. Die Antwort, die darauf dann gegeben wird, bestätigt die “Forscher” in
ihrer “Annahme”, das generische Maskulinum würde hauptsächlich als
männliche Personen bezeichnend wahrgenommen werden, dabei vergessen sie,
dass sie eine synthetische Laborfrage gestellt haben, die außerhalb des
Labors niemand jemandem stellen würde – es sei denn, er möchte das Labor
nachspielen – außerdem mag die Frage nach dem Geschlecht vor allem nur für
die Forscher von Belang sein … Ähnlich verfährt die etwas dämliche Geschichte vom “Sohn
im OP-Saal”, die gern eingesetzt wird, um Ungläubige zum Gebrauch der
Gendersprache zu bekehren. Abgesehen davon, dass sie absichtlich ein
emotionales Setting aufbaut, verschweigt die Geschichte lange spezifische geschlechtliche Ausdrucksweisen um dann am Ende mit einem Paukenschlag auf
eine leere Blechbüchse zu triumphieren: “Seht Ihr, das generische Maskulinum taugt ja gar nichts”.
Es gibt viele Methoden, um das Ergebnis einer Umfrage in die gewünschte
Richtung zu lenken. Stellen wir uns eine Institution A vor, die in ihrem
Wirkungsbereich den Zustand B bei allen ihr angehörenden Personen
herstellen möchte, weil sie diesen für sich als absolut erstrebenswert und
nicht verhandelbar gesetzt hat. Die Institution A befragt nun die ihr
angehörenden Menschen mittels eines Fragebogens, inwieweit der Zustand B
für jeden persönlich bereits erreicht ist. Antwortet man, dass dieser noch
nicht erreicht wurde, darf man davon ausgehen, somit der Institution A ein
Mandat erteilt zu haben, verstärkt auf dessen Erreichung hinzuwirken.
Antwortet man wahrheitsfremd, dass der Zustand B bereits erreicht wurde,
bestärkt man die Institution A lediglich in ihrem Glauben, bisher die
richtigen Mittel angewandt zu haben, damit sich alle wohl fühlen, dabei kann es ja sehr wohl sein, dass eine Person C den Zustand B gar nicht als erstrebenswert
erachtet. Dieses aber wird durch den Fragebogen nicht erfasst. Person C
darf nur den Status Quo bestätigen oder indirekt mehr Mittel zur Erreichung
von Zustand B einfordern. Vielleicht ein wenig überspitzt formuliert kann
so ein voreingenommenes Fragen, das selbst nicht hinterfragt werden darf,
für sensible Gemüter bereits eine Form psychischer Gewalt darstellen.
Was möchte ich meinen Lesern – vielleicht auch gerade jenen, die
vorzugsweise nur die letzten Zeilen eines Textes lesen – zusammengefasst
mitgeben? Nicht mehr als ein paar ganz ordinäre Worte:
Was auf den ersten Blick demokratisch aussieht, muss nicht demokratisch
sein.
Was auf den ersten Blick wissenschaftlich aussieht, muss nicht
wissenschaftlich sein.
Deswegen gilt wie fast immer:
Schau genau!