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Ukraine  Eine Reise durch die Ukraine in 113 Gedichten  Ukraine

Der Frieden der Dichtung

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Der Dichter:

Nehmen wir mal an,
er schreibt ein Gedicht,
was ja gar nicht
so ungewöhnlich
für ihn ist.

Er steigt auf die Zehenspitzen,
macht sich groß
durch erlesene Worte,
die er schüttelt
und – Pardon! –
um sich spritzt
wie ein eifriger
Masturbator.
Das ist er ja auch,
und nichts anderes:

Ein Selbstbefriediger,
der ein bisschen auf Kunst macht
und Dinge, die viele andere 
ebenso in und bei sich haben,
nicht für sich behalten kann.

Wenn wir nett wären,
könnten wir sagen:

Der Dichter ist eine Art Pfau,
der seine Federn gern zeigt.

Aber wir sind nicht nett,
denn heutzutage
ist keiner mehr nett.

Warum sollten wir
es dann sein?
Doch nicht etwa,
um die Welt zu retten?!
Pah-haha haha.

Los, lasst uns
den Finger noch tiefer 
in die blutende Wunde treiben:

Wen interessiert es denn,
was dieser Dichter macht,
was er von sich gibt,
welche Werke er gerade zusammenstellt,
und wie die blöden Titel seiner unzähligen
und immer ungenießbaren Bücher heißen?

Okeeee-hay, ein paar,
die ihn persönlich kennen, 
interessiert es vielleicht doch,
aber sie wundern sich eigentlich vor allem,
dass er den beschämenden Quatsch
nicht einfach mal lassen kann.
Und wenn jemand anderes
eventualiter einmal stehen bleibt
vor einem seiner Gedichte,
dann doch nicht wegen der Worte,
man schielt mehr auf das gestellte Foto,
das daneben abgebildet ist
und das den Künstler 
künstlich-künstlerisch
lächelnd zeigt.

Man mag ihn
wegen seiner Nase, 
seiner Ohren, 
seines Munds;
aber diese Teile
welken schnell
und sind im Prinzip
schon dahin.

Also, fassen wir es mal brutal 
einfach und einprägsam
zusammen:

Seine Worte kann der Dichter
sehr gern für sich behalten!

Und aufhören soll er,
mit ihnen öffentlich zu spielen:
“Spiel lieber mit mir”,
sagt sich, wer ihn liest
und dabei nur an des Dichters
Nase, Ohren und Mund denkt.

Aber das alles welkt
ja so schnell!

Nun gut.
Das reicht jetzt
   schon fast.

Nehmen wir mal an,
der Dichter schreibt
wirklich ein Gedicht:

Weswegen würdest Du 
es lesen?


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