Das Gebäude der Russischen Botschaft in Berlin ist dieser Tage gut
abgesichert:
Polizisten patrouillieren davor auf dem Gehweg, rot-weiß gestrichene
Absperrgitter hindern unerwünschte Gäste daran, sich überhaupt zu nähern
und ihre Ablehnung des russischen Völkermordes an den Ukrainern physisch
zum Ausdruck zu bringen. In Deutschland herrscht Ordnung, und so wird kein
LKW wie in Dublin das Tor zur Botschaft einfach einfahren und auch niemand
wie in Warschau einen Haufen Kohle davor abladen; nicht einmal durch die
Stäbe des hohen schwarzen Zaunes kann man aktuell spucken … Es wäre ohnehin
nur ein hilfloser, symbolischer Akt, seine tiefste Abscheu gegenüber den
russischen Kriegsverbrechen zum Ausdruck zu bringen.
Auf dem Mittelstreifen vor der Botschaft unter den Linden finden jetzt
häufiger Demonstrationen statt, es gibt Ansprachen, Transparente werden in
die Luft gehalten, blau-gelbe Fahnen wehen, Ukrainer singen ein nie
endendes Klagelied, das einem die Tränen in die Augen treibt, wenn man ihm
mit offenem Herzen zuhört. Das Geländer zur Botschaft hin ist behangen mit
Anti-Kriegs-Plakaten, die zu uns in den verschiedensten Sprachen sprechen,
auf dem Gehweg ist eine Art Memorial aus Kerzen und Plakaten angelegt,
daneben befindet sich ein Haufen sinnbildhaft ermordeter Kuscheltiere …
Passierende Touristen registrieren überrascht, an was für einen Ort sie
gekommen sind, können es aber dann offenbar doch einordnen, machen von den
Geschehnissen vor der Botschaft schnell ein Foto oder ein kurzes Video, um
es möglicherweise mit ihren Kontakten zu teilen.
Die Fenster der Russischen Botschaft sind, wann immer ich davor stehe,
abgedeckt, blind. Nie hat sich, wenn ich diesen Ort aufsuchte, auch nur ein
einziges kleines Zeichen menschlichen Lebens hinter diesen Fenstern
gezeigt. So also darf man sich Russland vorstellen?! Sieht das Personal in
der Botschaft denn, was vor den Toren vorgeht, hört es, wie die Ukrainer
singen, weiß es, was Russland dieser Tage in der Ukraine anrichtet?
Sicherlich, wie könnte es dies nicht wissen. Die ganze Welt weiss, was die
russische Gegenzivilisation in der Ukraine treibt.
Im Vorhof der Russischen Botschaft steht eine sogenannte Puschkin-Linde, in
einem der Hinterhöfe, so behauptet es zumindest ein Online-Kartendienst,
zudem noch eine Lenin-/Putin-Linde, zu der es sogar Rezensionen gibt:
“Dieser Baum erinnert zurecht an einen großen Revolutionär!” meint der
eine, “Ein interessanter und schöner Baum” der andere, Aktivisten haben
aber auch Bilder des von Russen am 17.02. bombardierten Kindergartens in
Stanyzia-Luhanska dazu hochgeladen.
Man sieht auch hier: Schönheit und Grauen liegen, wenn es um Russland geht,
dicht beieinander …