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Ukraine  Eine Reise durch die Ukraine in 113 Gedichten  Ukraine

Wie herrlich leuchtet mir die Natur

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Mein privater Lyrikhimmel – ich möchte hier lieber nicht von einem “Kanon” sprechen – ist recht eng, und deswegen gibt es dort wenig Platz für einzelne Dichter, Werke, Texte, Verse oder auch nur Zeilen. So kommt es dann von Zeit zu Zeit vor, dass eine überraschende Überraschung in Form der Bewusstwerdung einer Lücke eintritt, ich also plötzlich mit einem Gedicht konfrontiert werde, von dem ich denke, dass ich es vielleicht hätte kennen müssen. Kürzlich geschah genau das beim Schauen eines sonst sehr langweiligen Filmes:
In einer Szene fährt ein älterer Mann mit seinem Auto munter durch die grüne Landschaft, vielleicht handelt es sich um die Vysočina, er ist vergnügt, hat Freude an seiner Tour und hört dabei nicht etwa Radio, sondern rezitiert Verse, die sonderbar vertraut klingen, und die ich dennoch nicht eindeutig zuordnen kann. Sie sind von zauberhafter Schönheit und arbeiten mit ganz einfachen Worten, muten verdächtig klassisch an.
Das Gedicht ist wie ein einzelner starker Sonnenstrahl im Frühling – auch die Textform sieht, wie ich später feststelle, einem solchen nicht unähnlich. Im Film gleitet der Autofahrer locker von Satz zu Satz und bricht schließlich mit den Worten “Weiter weiss ich nicht” ab. Das ist für mich durchaus in Ordnung, da das Gedicht nach hinten deutlich schwächer wird, ihm gewissermaßen die Luft ausgeht, deswegen zitiere ich hier lediglich seinen Anfang und verweise danach auf den ganzen Text. Ja, natürlich handelt es sich um das Mailied von Goethe:

Zitat:

Wie herrlich leuchtet
Mir die Natur!
Wie glänzt die Sonne!
Wie lacht die Flur!
Es dringen Blüten
Aus jedem Zweig
Und tausend Stimmen
Aus dem Gesträuch

Und Freud' und Wonne
Aus jeder Brust.
O Erd', o Sonne!
O Glück, o Lust!



Johann Wolfgang von Goethe: Mailied (versalia.de)

Veröffentlicht am 21.01.2022

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