Im Ruhm an sich liegt bekanntlich wenig Wert, aber manchmal könnte man
immerhin mit etwas Neid denken, wie vermeintlich einfach er früher zu
erringen war – vermeintlich, denn als Nachgeborene sind wir Opfer unserer
rückblickenden Perspektive, sind übersatte Genießer fremder Früchte, stehen
auf Gipfeln, welche die Menschen vor uns aufgetürmt und erklommen haben.
Nehmen wir Heraklit von Ephesos als Beispiel: Was ist von ihm überliefert?
Einige wenige geistreiche Fragmente, die ihn doch zu einem der wichtigsten
Philosophen aller Zeiten gemacht haben, selbst Hegel verneigte sich vor ihm
und legte offen, wie viel er ihm schuldete, wenn er schrieb: ”Heraklit wurde so auch überall als tiefdenkender Philosoph gehalten, ja
auch verschrien. Hier sehen wir Land; es ist kein Satz des Heraklit, den
ich nicht in meine Logik aufgenommen.”.
Am bekanntesten sind sicher die unterschiedlichen Varianten der
Flussfragmente wie ”Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen”. Ein Gedanke wie ein Blitz, der Jahrhunderte erleuchtet, aber eben auch
nur ein Gedanke, der noch Raum für viele weitere lässt. Man kann ja
ebensowenig zweimal denselben Weg gehen, selbst wenn da kein Wasser ist,
das für Bewegung und für Veränderung sorgt. Den Weg, den wir nehmen, ist
immer ein anderer, GPS-Aufzeichnungen können uns das objektiv beweisen, es
gibt immer Abweichungen von früheren Iterationen, und wenn ein Mensch
routiniert “denselben Weg” beschreitet, so muss man ihn nicht zwangsläufig
für diese “Monotonie” bedauern. Ich beispielsweise gehe gern dieselben
Wege, die ja doch immer anders sind. Oft kommen mir beim Wandern Ideen für
Texte, die ebenfalls immer neu sind. Auch deswegen kann man denselben Weg
nicht zweimal gehen:
Es ist ein stets anderer, der unterwegs ist.