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Phänomenologie des Handy-Teens

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Sehe ich die Jugend von heute in ihren Mittagspausen auf Parkbänken sitzen, den Oberkörper zum nahezu idealen U gebeugt, das schicke Handy auf den Knien, die kessen und doch schon kurzsichtigen Augen knapp darüber, seitlich mit den Fingern von TikTok-Video zu TikTok-Video wischend – oder was sonst gerade angesagt ist, sehe ich die Menschen überall zu jeder Zeit immer und immer wieder auf ihr Handy schauen und es benutzen, von Like zu Like, von Mitteilung zu Mitteilung, von Nachricht zu Nachricht eilen, so kann ich kaum anders, als meinen voll-transparenten Hut vor Hegel ziehen, der das alles ja mehr oder weniger schon in seiner 1807 erschienenen “Phänomenologie des Geistes” vorhergesehen hat: Das stufenweise Emporsteigen des absoluten Geistes, das sich mit etwas Mutwillen vulgär als chronische Intensivierung des allgemeinen Kopfgeschehens bezeichnen lässt, muss logischerweise den Verfall des Körpers und die Verachtung der unmittelbaren Realität zur Folge haben; nur die gleichzeitige Bewusstwerdung des Geistes, die Hegel ebenfalls antizipierte, hinkt der Entwicklung doch mehr als beachtlich hinterher. Wir haben wenig Grund zur Hoffnung.

Veröffentlicht am 08.07.2021

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