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Ukraine  Eine Reise durch die Ukraine in 113 Gedichten  Ukraine

Zwei Welten

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Aus dunklen Nebeln steigst Du empor. Ich sehe Dich. Ich höre Dich. Du winkst und rufst - ich soll Dir folgen.

Immer wieder ziehen die dichten Streifen über Deine schlanke Gestalt, winden sich um Deine dünnen Ärmchen. Da stehst Du wie ein harter Fels, an dem sich der gierige Schleier bricht. Du duldest keine flüchtigen Masken, keine Verkleidung, kein Theaterspiel. Der Nebel soll verschwinden, aber er bleibt, weil er doch zu Dir gehört. Irgendwie.

Meine hungrigen Augen wollen Dich ganz und gar erfassen. Mein Gehirn sucht sich Dich einzuprägen, damit es Dein Bildnis für immer gefangen halten kann in meinem schweren, müden Kopf.

Auf Deinem Gesicht liegt der reine Glanz der Lieblichkeit. Es ist dieser seltene Ausdruck, der sich nur Auserwählten zeigt.

Alle Türen geöffnet.

Ein direkter Blick in die tiefe Seele, die gereift in vielen Jahren. Hier und da ein paar Narben, aber doch gut erhalten und an früherem Leid erstarkt.

Das Rufen mit Worten, das Rufen von Herzen. Es drängt mich zu Dir wie schon in so manchem halblichten Traum, der sich auflöst, wenn das Bewusstsein zurückkehrt ins Graue, das wir liebevoll "unser Leben" nennen.

Getrennte Welten! wie eine durchsichtige Wand aus blankem Glas, die starr zwischen uns steht. Ich taste mich mühsam zu ihr vor. Jeder Schritt ertrinkt in heissem, schwarzen Blei. Versinkt auf weichem, bemoosten Boden. Dann Halten. Die Vision verschwimmt. Verschwindet. Und ich blicke abwärts in die weiten Landschaften voller unbestellter Felder. Weit weg brennt ein einsames Feuer rot in den Himmel.

Du bist fort.

© 2003 by Arne-Wigand Baganz

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